Wie offen bist Du für Neues?

Vor drei Tagen bin ich aus dem Urlaub zurückgekommen. Es war perfekt: Sonne, Wind, Meer, Weite... Alles so wie ich es mir gewünscht hatte. Schon vor dem Urlaub hatte ich mir überlegt, diesen Newsletter ‚Sommerfrische‘ zu nennen. Doch zurück in der Realität – ja ich gebe zu, ich habe im Urlaub weitestgehend auf Nachrichten und schwere Literatur verzichtet – passt der Begriff ‚Sommerfrische‘ nicht mehr so richtig. Ein Elternteil ist am Tag nach meinem Urlaub ins Krankenhaus gekommen, die Kids tun sich schwer mit dem Schulalltag (zu ungewohnt nach fast 6 Monaten Lockdown im letzten Schuljahr), die vielen schlimmen Schicksale in Afghanistan, die Klimakrise, die bevorstehende Bundestagswahl ... alles zu schwer für einen Newsletter mit dem Begriff ‚Sommerfrische‘.

Aber den Kopf in den Sand stecken ist keine Option – zu viele Möglichkeiten haben wir hier in Deutschland. Doch viele dieser Möglichkeiten sind mit Veränderung verbunden. Deshalb frage ich mich: Wie offen bin ich für Neues? Wie offen bist Du für Neues? Wie offen sind wir für Neues? Alles beginnt doch erst einmal damit, verschiedene - andere - neue - ungewohnte Perspektiven einzunehmen.

An dieser Stelle möchte ich nur einige wenige Beispiele nennen:

Home Office und remote Arbeit
Alte Perspektiven: vor der Pandemie haben wir gedacht, Home Office macht die Leute unproduktiver, weil sie sich ständig ablenken lassen. Wir haben gedacht, dass wir zumindest für kritische und komplexe Themen alle in einem Raum sein müssen, um sie in Form eines Workshops zu lösen. Chefs hatten Angst, ihre Mitarbeiter nicht mehr kontrollieren zu können.
Neue Perspektiven: heute wissen wir, dass Menschen im Home Office während der Pandemie im Durchschnitt bis zu 30% mehr gearbeitet haben (Quelle siehe *1). Wir konnten kritische Themen nicht aufschieben, bis die Pandemie vorbei ist, und mussten sie deshalb in Form von gut moderierten remote Workshops und nachgelagerten Mini-Arbeitsgruppen aus dem Home Office heraus lösen. Und es hat funktioniert! Wie das mit der Kontrolle der Mitarbeiter im Home Office aussieht, weiß ich nicht. Sagt Ihr es mir!

Neue Mobilitätskonzepte (Verkehrswende) – Wege vermeiden / weniger Autos in Städten
Alte Perspektiven: wir wollen nicht auf das Auto und die damit verbundene Bequemlichkeit verzichten. Ich auch nicht. Fahrradfahren ist mir oft zu kalt oder zu nass. Und schwer tragen mag ich schon gar nicht. Ich lebe auf dem Land und ohne Auto ist es hier ganz schwierig voranzukommen.
Neue Perspektiven: wenn ich in meinem Dorf wieder Einkaufsmöglichkeiten hätte, die ich bequem zu Fuß nutzen könnte, bräuchte ich mein Auto zumindest weniger. Als ich vor 20 Jahren in meinen Wohnort gezogen bin, gab es dort noch eine Post, einen Bäcker, einen Metzger und noch davor auch einen kleinen Lebensmittelladen. Zu der Zeit habe ich einige Besorgungen zu Fuß erledigt. Aus meiner Sicht geht eine Mobilitätswende einher mit besserer Nahversorgung im ländlichen Raum und damit verbunden wieder ein aktiveres Dorfleben. 
Neue Mobilitätskonzepte bedeuten für Städte natürlich etwas ganz anderes als im ländlichen Raum. Ja, ich als Dorfbewohnerin muss mit öffentlichen Verkehrsmitteln in meine Stadt der Wahl z.B. zum Bummeln reisen. Das ist weniger bequem, aber ich bekomme dafür ein anderes und besseres Stadt-Erlebnis. Eine Innenstadt, in der ich nicht von Auto-Abgasen belästigt werde. Mehr Platz für mich als Fußgänger oder Radfahrer. Mehr Grün, mehr Raum, bessere Luft... 
Und natürlich zahlt das Konzept des Home Office in das Prinzip ‚Wege vermeiden‘ ein. Am Beispiel München wurde berechnet: würde nur die Hälfte der Arbeitnehmer 3 von 5 Tagen Home Office machen, würde sich der Verkehr um 30% reduzieren (Quelle siehe *2).

Regionale Lebensmittel 
Alte Perspektive: ich will zu jeder Zeit Zugriff auf alle denkbaren Früchte, Gemüsearten und Fleischsorten haben.
Neue Perspektive: wenn ich nur das zu dieser Jahreszeit lokal verfügbare Gemüse zur Hand habe, muss ich mich mit neuen Rezepten auseinandersetzen und meine Kinder beschweren sich nicht so oft, dass es immer das gleiche Essen gibt. Randbemerkung zu meinen derzeit eingeschränkten Kochkünsten: ich verarbeite nur Paprika, Zucchini, Auberginen, Möhren und Zwiebeln und das über alle Jahreszeiten hinweg. Mit Kohlsorten kann ich nichts anfangen, dass müsste ich dann ändern... Und auch dieser Aspekt der regionalen Lebensmittel zahlt wieder in das Prinzip ‚Wege vermeiden‘ ein.

Wirtschaftswachstum (Umsatz- oder Gewinnsteigerungen) ist nicht mehr unser höchstes Ziel
Alte Perspektive: unser Umsatz muss wachsen. Stillstand ist Rückschritt.
Neue Perspektiven: was könnten neue andere Ziele für mein Unternehmen sein? Der Kreativität sind an dieser Stelle keine Grenzen gesetzt und ich bin mir sicher, dass alle engagierten Mitarbeiter dazu ganz viele Ideen haben. Ich nenne hier nur mal ein paar wenige: Kundenzufriedenheit erhöhen, Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen, neue Produkte und Dienstleistungen ausprobieren, nachhaltiger agieren, unser Wissen, unsere deutsche Ingenieurskunst, in ganz andere Bereiche einbringen, die gesellschaftlich jetzt akut sind...

Verteilte Führung statt hierarchischer Führung 
Alte Perspektive: wir müssen jeden Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin einer Führungskraft zuordnen, sonst weiß sie nicht, was sie tun soll.
Neue Perspektiven: was ist, wenn sich Teams selbst steuern - wenn sie gemeinsam ein Auge darauf haben, dass alle Aufgaben erledigt werden, die für die Erreichung des Teamziels erforderlich sind? Wieviel Kapazitäten von Managern und Führungskräften würden frei werden, wenn sie sich nicht mit Verwaltung und Kontrolle beschäftigen müssten. Wieviel Mehrwert könnten sie stiften in Richtung Coaching von Individuen, strategische Ausrichtung bestimmen, Bedarfe von Kunden, Märkten und der Gesellschaft neu entdecken?

Mein Fazit: Jetzt hat dieser Newsletter so gar nichts mehr mit ‚Sommerfrische‘ zu tun und ist viel schwerer geworden, als ich es ursprünglich beabsichtigt habe. Vielleicht liegt es daran, dass ich zuvor den Artikel ‚Die große Überforderung‘ von Max Scharnigg SZ gelesen habe. Seine Essenz ist: Es gibt viel zu tun – wegschauen gilt nicht. Meine Essenz lautet: wir müssen mit Veränderung in nahezu allen Lebensbereichen umgehen, jetzt stärker als je zuvor. Deshalb nochmal die Frage: Wie offen für neue Wege bin ich, bist Du? Aus meiner Sicht ist es einfacher als es scheint, denn jede Einschränkung beinhaltet auch Verbesserungen, nimmt man nur die entsprechende Perspektive ein.

Dieser Text erschien zuerst in meinem Newsletter „Innovation am Mittwoch“. Der Newsletter erscheint jeden zweiten Mittwoch – Hier können Sie ihn abonnieren


Lesetipps:


Andrea SchmittInnovationstrainerinAm Mittelpfad 24a65520 Bad Camberg+49 64 34-905 997+49 175 5196446
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