Wie kann Kulturwandel gelingen?

Natürlich werde ich die Frage hier nicht umfassend beantworten können. Allerdings konfrontieren mich meine Kunden sehr regelmäßig mit dieser Herausforderung. Sie wollen wissen, wie es gelingen kann, eine sehr hierarchische Kultur mit sehr viel Kontrolle und standardisierten Prozesse in eine vertrauensvolle Kultur mit selbstorganisierten Teams zu überführen. Oft wird mir die Frage im Kontext einer Transformation zu agilen und kollegialen Führungsprinzipien gestellt.

Was ich dann antworte ist: „Kultur kann man nicht verändern, sie entsteht. Aber Verhalten kann man verändern. Und mit einem anderen und neuen Verhalten wird sich nach und nach auch die Kultur verändern.“

Es bleibt einer Organisation, die sich eine neue und stärker auf Vertrauen basierte Kultur wünscht, nichts anderes übrig, als mit der Veränderung des Verhaltens zu beginnen. Was könnte das sein? Hier ein paar Ideen von mir:

  • Informationen allen frühzeitig und gleichzeitig zur Verfügung stellen,
  • durch geeignete Meeting-Formate, z.B. in Runden sprechen, alle gleichermaßen zu Wort kommen lassen,
  • Mitarbeiter zur Mitgestaltung einladen – Achtung: Bitte nur bei Themen, die wirklich ergebnisoffen sind, denn nichts zerstört Vertrauen mehr als geheuchelter Freiraum, der dann wenig später wieder weggenommen wird,
  • Themen in den Teams entscheiden lassen, nachdem man sie befähigt hat, Teamentscheidungswerkzeuge zu nutzen.


Handelt es sich um große Organisationen, hat es sich bewährt zunächst nur mit einer Einheit zu beginnen, am besten mit der Einheit, in der die Führungskräfte von ihrer mitgebrachten Haltung am nächsten an der Zielkultur dran sind. Hier ist es wichtig, diese Einheit an ihren Schnittstellen nach außen sehr gut zu schützen, sodass sich ihr neues Verhalten nicht negativ auf ihre Reputation im Gesamtunternehmen, das noch nach alten Regeln funktioniert, auswirkt.

Berichten Mitarbeiter:innen aus dieser ersten Einheit positiv über ihr Erleben, kann das eine Sogwirkung auf den Rest der Organisation haben. Es ist unglaublich wichtig, dieser ersten „Probe-Einheit“ alle nur erdenkliche Hilfe sowie ausreichend Zeit zur Verfügung zu stellen. Denn sollten die beteiligten Mitarbeiter:innen das Experiment nicht mit positiven Erfahrungen verbinden, wird es sehr viel Zeit brauchen, um Freiwillige für einen neuen Vorstoß zu finden.

Es spart also im Ganzen betrachtet Transformationszeit, wenn man sich ausreichend Zeit für das erste Experiment nimmt. Erst wenn ein echter Sog für andere Bereiche oder Einheiten entstanden ist, macht es Sinn die Verhaltensänderungen im Unternehmen auszuweiten.

Man muss sich bewusst machen, dass es in sehr hierarchischen Organisationen Führungskräfte geben wird, die den Verhaltens- und damit verbunden Haltungs-Wandel nicht mitgehen können. Hier bringt am Ende auch die Zeit die Lösung, indem nach und nach neue Führungskräfte rekrutiert werden, die eine ausschließlich auf Vertrauen ausgerichtete Haltung mitbringen. Wichtig ist, an dieser Stelle anzuerkennen, dass es kein böser Wille ist, wenn Führungskräfte, die über Jahrzehnte eine auf Kontrolle und Verantwortungsübernahme von Individuen ausgelegte Führungskultur erlernt und gelebt haben, nicht von heute auf morgen umschalten können und wollen. Man kann Einladungen aussprechen und Zeit geben, immer mit dem möglichen Ergebnis, dass eine Änderung von einigen nicht möglich ist. Auch diese Menschen verdienen es, dass man ihnen weiterhin wertschätzend begegnet und sie im Sinne ihrer Stärken im Unternehmen einsetzt.

Eine weitere Möglichkeit, Kultur ein Stückchen zu beeinflussen, ist es, ‚Kulturbildende Momente‘ zu schaffen. Kulturbildende Momente sind Situationen, in denen sich das Management anders als von den Mitarbeiter:innen erwartet verhält. Es geht einher mit einem Überraschungseffekt! Natürlich sollte dieser positive Gefühle und Hoffnungen bei den Mitarbeiter:innen hervorrufen. Zum Beispiel unerwartete Würdigung von Einsatz vor einem großen Plenum oder anstatt der erwarteten Kritik für ein gescheitertes Projekt eine Würdigung des Gelernten aus den Fehlern. Dieser kulturbildende Moment darf natürlich nicht im nächsten Moment durch entgegengesetztes Verhalten wieder zerstört werden. Kulturbildende Momente können also nur nachhaltig erzeugt werden, wenn sich zuvor die Haltung der Führungskräfte verändert hat.

Rückfälle zur alten Kultur durch das Management sollten schnell korrigiert werden und mit zeitnahen Entschuldigungen verbunden werden, die im gleich großen Plenum ausgesprochen werden, in dem auch der Kulturbruch stattgefunden hat.

Mein Fazit: Gerhard Wohland sagt: „Kultur ist der Schatten einer Organisation.“ Daraus folgt, Kultur lässt sich nicht verändern, aber Verhalten! Verhalten und im Gegenzug Erleben prägen wiederum die Kultur! Also worauf noch warten?

Dieser Text erschien zuerst in meinem Newsletter „Innovation am Mittwoch“. Der Newsletter erscheint jeden zweiten Mittwoch – Hier können Sie ihn abonnieren


Lesetipp:


Andrea SchmittInnovationstrainerinAm Mittelpfad 24a65520 Bad Camberg+49 64 34-905 997+49 175 5196446
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