Wir wissen inzwischen alle, dass man nur sich und sein eigenes Verhalten ändern kann und nicht das des Gegenübers.
Gleichzeitig haben wir Möglichkeiten, das Verhalten des Gegenübers zu beeinflussen. Ihr fragt Euch, wie das gehen soll?
Nun, eine dieser Möglichkeiten ist, durch den Einsatz unserer Sprache, das Gegenüber zum Reflektieren und Nachdenken zu bringen – beispielsweise, wenn wir uns über ihr Verhalten geärgert haben. Den größten Einfluss haben wir durch die Anwendung gewaltfreier Sprache und innerhalb der gewaltfreien Sprache durch den Teil, in dem wir uns selbst offenbaren.
Ihr versteht nur Bahnhof? Schauen wir mal genauer hin: die gewaltfreie Sprache nach Marshall Rosenberg arbeitet mit 4 Schritten:
- Wir beginnen damit, dass wir unsere Beobachtung einer Situation schildern, in der wir uns über das Gegenüber geärgert haben. Diese sollte allerdings ohne Wertung und so weit wie möglich an Fakten orientiert von uns beschrieben werden.
- Erst im 2. Schritt sollten wir unser durch das Verhalten des Gegenübers ausgelöstes Gefühl benennen. Zum Beispiel: „Ich bin irritiert.“ Oder „Ich fühle mich verunsichert.“ Oder „Ich fühle mich überfordert.“ Oder „Ich fühle mich hilflos.“
- Im 3. Schritt dürfen wir dann unser Bedürfnis äußern, welches in der beschriebenen Situation nicht erfüllt wurde. Etwa: „Ich benötige Sicherheit, was unser nächster Schritt ist, damit ich mich rechtzeitig darauf einstellen kann.“
- Als letztes sollten wir einen ganz konkreten Wunsch äußern, was wir uns von unserem Gegenüber in der Zukunft oder in einer ähnlichen Situation wünschen. Z.B. „Ich wünsche mir von Dir, dass Du mich beim nächsten Mal informierst, bevor Du eine Entscheidung triffst, die auch Auswirkungen auf mich hat!“
Die Schritte 2 und 3 sind Selbstoffenbarungen, die wir als ICH-Botschaft formulieren sollten.
Meine Überzeugung ist, dass gerade diese Selbstoffenbarungen – also, was ich fühle, was eine bestimmte Situation mit mir gemacht hat und welches Bedürfnis ich ganz persönlich habe – mein Gegenüber öffnen. Das führt dazu, dass mein Gegenüber mir wirklich zuhört, darüber nachdenkt beziehungsweise reflektiert, was er oder sie gerade gehört hat. Das Gehörte löst beim Gegenüber dann vielleicht Betroffenheit aus und damit verbunden eine Bereitschaft zur Klärung. Probiert es mal aus und erlebt es selbst, welchen Einfluss ihr auf euer Gegenüber habt!
Achtung: Wir sind es nicht gewohnt uns selbst zu offenbaren und über unsere Gefühle zu sprechen. Es wurde uns geradezu abtrainiert. Aber gerade der Teil, in dem wir uns zeigen mit all unserer Verletzlichkeit, ist der Schlüssel, um beim Gegenüber Bereitschaft zu erzeugen, uns ein Stück weit entgegenzukommen. Und das ist es doch, was wir wollten: Einfluss auf das Verhalten unseres Gegenübers zu nehmen…
Dieser Text erschien zuerst in meinem Newsletter „Innovation am Mittwoch“. Der Newsletter erscheint jeden zweiten Mittwoch – Hier können Sie ihn abonnieren