Was begrenzt uns eigentlich?

Was begrenzt uns eigentlich? Ist es unsere in die Wiege gelegte Intelligenz oder sind es andere Einflussfaktoren? Und wenn es andere Einflussfaktoren sind, wer entscheidet darüber, ob uns diese Einflussfaktoren limitieren oder unterstützen beziehungsweise beflügeln. Natürlich würde jeder Motivationscoach an dieser Stelle antworten: „Du selbst entscheidest, welche Dinge Dich begrenzen und welche nicht.“

Nun zähle ich mich nicht zu den klassischen Motivationscoaches, die ständig erzählen, jede von uns kann alles erreichen, was sie sich nur vornimmt. Trotzdem möchte ich ein Konzept mit Euch teilen, welches ich im Umgang mit Teams und Mitarbeitenden sowie bei der Erziehungsarbeit sehr hilfreich finde. Es handelt sich um das „Mindset-Konzept“ von Prof. Carol Susan Dweck. Sie unterscheidet in ihrem Buch „Mindset: The New Psychology of Success (Die neue Psychologie des Erfolges)” zwischen zwei unterschiedlichen Grundhaltungen bei uns Menschen.

  1. Menschen mit einer starren Grundhaltung (Fixed Mindset) glauben, dass das, was sie an Intelligenz und Können mitgegeben bekommen haben, unveränderbar ist.
  2. Menschen mit einem flexiblen Mindset (Growth Mindset) gehen davon aus, dass sie jederzeit ihr Können und ihre Fähigkeiten ausbauen können.


Diese zwei Grundhaltungen haben einen großen Einfluss darauf, wie Menschen mit Herausforderungen und möglichen Misserfolgen umgehen. Personen mit einem Fixed Mindset meiden Herausforderungen, da sie Angst vor einer Niederlage habe. Diese könnte aus ihrer Sicht für sich und andere belegen, dass ihr Können begrenzt ist. Es ist ihnen nachvollziehbarerweise unangenehm, das transparent zu machen. Personen mit einem Growth Mindset hingegen mögen Herausforderungen, da sie darin eine Chance sehen sich zu verbessern und neues dazuzulernen. Niederlagen oder konstruktive Kritik bewerten diese Personen eher als Anreiz, es nochmal zu versuchen oder sich mehr anzustrengen. Die Außenwirkung eines Misserfolgs ist für Menschen mit einem Growth Mindset nicht so negativ konnotiert wie bei Menschen mit einem Fixed Mindset.

Die Konsequenz aus diesen unterschiedlichen Herangehensweisen ist, dass Menschen mit einem Growth Mindset erfolgreicher und möglicherweise auch zufriedenen sind, da sie sich mit weniger Angst durchs Leben bewegen.

Spätestens an dieser Stelle möchte ich deutlich machen, dass jede und jeder von uns beide inneren Haltungen (also ‚fixed‘ und ‚growth‘) in sich trägt. Da müsste in unserer Kindheit schon etwas sehr schief gegangen sein, wenn wir alle Lebensbereiche mit dem Fixed Mindset angingen. Viel wahrscheinlicher ist es hingegen, dass wir in einigen Lebensbereichen mutiger sind als in anderen: also in dem einen Lebensbereich jede Herausforderung mitnehmen und in dem anderen eher auf der vorsichtigen Seite sind und uns dem Bewährten zuwenden.

Und wer sagt denn, dass das schlecht ist? Man stelle sich mal vor, wie anstrengend es sein würde, wenn man sich in jedem Lebensbereich ständig weiterentwickeln wollte. Ein Growth Mindset erlaubt uns zu wachsen, zu lernen, uns anzustrengen und besser zu werden. Das bezieht sich sowohl auf Bereiche, in denen wir bereits viele Stärken haben, aber auch auf Bereiche, in denen die Schwächen überwiegen. Auch dort müssen wir nicht stehen bleiben.

Aber Achtung: ein übertriebenes Growth Mindset kann auch negative Folgen haben. Man kann nicht in allem gut werden. Jeder Mensch hat begrenzte Kraft und benötigt auch Pausen. Auf den eigenen Stärken aufzubauen und Talente zu nutzen, kostet weniger Kraft als an den Bereichen zu arbeiten, in denen unsere Schwächen liegen. Konzentrieren wir uns zu sehr darauf, unseren Schwächen auszumerzen, besteht die Gefahr, dass wir uns überfordern und damit unsere mentale Gesundheit riskieren.

Trotzdem möchte ich hier vor allem für ein Growth Mindset werben, denn wie motivierend ist denn die Erkenntnis, dass man seine Intelligenz selbst entwickeln kann, anstatt sich mit einem IQ von x abzufinden?

Bevor wir andere dabei unterstützen können, ihr Growth Mindset zu stärken, müssen wir wie immer bei uns selbst anfangen. Hier ein paar Tipps, um bei sich selbst zu beginnen:

  • Sich immer wieder neuen Situationen und Herausforderungen aussetzen und damit seine Komfort-Zone regelmäßig verlassen
  • Nach Feedback vor allem konstruktiver Kritik fragen und daraus lernen
  • Akzeptieren, dass lebenslanges Lernen notwendig ist und sich stetig weiterbilden
  • Eigenen Fehlern und Misserfolgen die negative Konnotation nehmen und sie als Möglichkeit zum Lernen umdeuten


Um das Growth Mindset bei Menschen in unserem Umfeld, unserer Organisation oder unseren Familien zu stärken, helfen ganz ähnliche Dinge:

  • Ganz wichtig: Menschen, Mitarbeiter, Kinder, Schüler für deren Anstrengung und Durchhaltevermögen loben und nicht nur für das Ergebnis!
  • Konstruktives Feedback anbieten und Feedback Prozesse etablieren
  • Bei Misserfolgen Hilfe anbieten und die Möglichkeiten daraus zu lernen sichtbar machen
  • Coaching und Mentoring ermöglichen
  • Herausforderungen, Ausprobieren von Neuem und weitere Möglichkeiten zum Lernen anbieten


Fazit: Prof. Carol Susan Dweck verweist auf eine High School in Chicago, in der den Schülern niemals die Note „Nicht bestanden“ sondern stattdessen das Ergebnis „Noch nicht“ gegeben wurde. Aus ihrer Sicht fassen diese zwei Worte ihre gesamte Theorie zum Growth Mindset zusammen: Noch bist Du nicht so weit, aber Du hast das Potential es zu schaffen!

Dieser Text erschien zuerst in meinem Newsletter „Innovation am Mittwoch“. Der Newsletter erscheint alle drei bis vier Wochen. Hier können Sie ihn abonnieren


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Andrea SchmittInnovationstrainerinAm Mittelpfad 24a65520 Bad Camberg+49 64 34-905 997+49 175 5196446
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