Warum sollte es helfen, seine Arbeit auf einem Kanban-Board zu visualisieren?

Kennt Ihr das auch? Irgendwie stockt es bei der Teamarbeit. Einige Dinge bleiben ewig liegen, andere wurden aus Versehen doppelt gemacht. Kunden beschweren sich, weil ihre Anfrage nicht oder viel zu spät beantwortet wurde. Einige Kollegen machen Überstunden, andere scheinen so gar nicht ausgelastet. Mit anderen Worten: Es läuft einfach nicht rund...

Die Visualisierung der Arbeitspakete und -prozesse ist ein Ansatz, der hier helfen könnte. Ihr fragt Euch jetzt sicher, was soll das denn helfen? Vom Visualisieren allein, wird ja nichts besser. Das ist richtig! Das Visualisieren ist auch nur der erste Schritt. Wenn der erledigt ist, beginnt man, das, was man sieht und dadurch versteht, zu verändern. 

Die relevante Frage ist: Wie groß ist der Schmerz des ‚Nicht-Rund-Laufens‘? Kann und will sich das Team (die Abteilung oder der Bereich) die Zeit nehmen, alle Arbeitspakete und damit auch den Arbeitsprozess zu visualisieren?

Wenn die Antwort ja lautet, dann lohnt es sich über die Einführung eines Kanban-Systems nachzudenken.

Wann macht es Sinn, ein solches System einzusetzen?
Die Einführung eines Kanban-Systems oder -Boards macht bei komplexen Aufgaben im Service- sowie Produkt-Bereich oder generell in der Wissensarbeit Sinn. 

Was ist ein Kanban-System?
Ein Kanban-Board oder -System beschreibt den Wertschöpfungsprozess eines Teams mit der Auslieferung an einen internen oder externen Kunden am Ende des Prozesses. 

Es beinhaltet 6 Praktiken:

  • Visualisieren: Die Arbeit wird ähnlich wie bei Scrum auf einem Board visualisiert und Arbeitspakete bewegen sich von links nach rechts. Zusätzlich wird der Zeitpunkt notiert, wann ein Paket in das System eintritt und wann es austritt. Es werden unterschiedliche Bereiche auf dem Board markiert, ob ein Paket in Bearbeitung oder in der Warteposition ist.
  • Parallele Arbeit Limitieren (Limit Work in Progress): Das Kanban-System oder einzelne Bereiche davon sollten ein Limit für parallele Arbeit haben. Das schützt vor Überforderung der Mitarbeiter und vor zu langen Wartezeiten für Kunden. Das System beziehungsweise der Prozess wird nur durch die Limitierung von paralleler Arbeit vorhersagbar in Bezug auf Durchsatz und Wartezeit für den Kunden. Anstatt des üblichen Push-Systems (die Führungsperson gibt den Mitarbeitern ihre Arbeitspakete und setzt deren Liefertermine fest) nutzt Kanban ein Pull-System. Das Pull-System bedeutet, dass die Mitarbeiter sich selbst Arbeitspakete in ihr Kanban-Board unter Berücksichtigung des Limits für parallele Arbeit ziehen.
  • Arbeitsfluss erzeugen (Manage Flow): Die Visualisierung erlaubt es, Engpässe zu erkennen und diese zu reduzieren, zum Beispiel über die noch stärkere Limitierung von paralleler Arbeit. Wenn es gelingt Arbeitsfluss zu erzeugen und dadurch Engpässe und Staus zu vermeiden, wird die Service-Antwort-Zeit für den Kunden verbessert. Das übergeordnete Ziel ist es, Mitarbeiter vor Überlastung zu schützen, die Qualität der Arbeit zu erhöhen und die Kunden zufriedener zu machen. Umgangssprachlich sagt man: STOP STARTING, START FINISHING!
  • Prozessregeln explizit machen (Make Policies Explicit): Regeln zur Zusammenarbeit müssen klar ausgesprochen und für jedermann gut sichtbar sein. Transparenz ist einer der Werte von Kanban.
  • Feedback-Rückkopplungen implementieren (Implement Feedback Loops) und kontinuierliche Verbesserung (Improve Collaboratively / Evolve Experimentally) gehen Hand in Hand. Alles was man beobachtet, soll dazu genutzt werden, das System weiter zu verbessern. Hat man eine vermeintliche Verbesserung vorgenommen, überprüft das Team dann etwas zeitverzögert, ob sich diese auch eingestellt hat. Wenn nicht, wird die Veränderung umgehend zurückgenommen. 


Was bedeutet das Wort ‚Kanban‘?
Das Wort ‚Kanban‘ kommt aus dem Japanischen und bedeutet unter anderem ‚Signalkarte‘. Diese Signalkarte zeigt an, wo im Prozess noch Raum ist, um Arbeit unterzubringen.

Abgrenzung zu Scrum
Anders als Scrum führt das Kanban-System keine neuen Rollen und Abläufe ein, sondern akzeptiert zunächst alles so wie es ist. Kanban geht von einer evolutionären Veränderung aus, die kleinschrittig und unter Beteiligung aller betroffener Personen geschieht. Dazu fördert Kanban Führung auf allen Ebenen. Das wiederum geht einher mit einem wertegetriebenen Ansatz: Kanban geht von Respekt in jeglicher Hinsicht aus – unter Kollegen, in Richtung Zulieferer, in Richtung Kunden und über die Hierarchieebenen des Unternehmens hinweg.

Wo kommt es her?
Kanban hat sich genau wie Scrum aus Elementen des Toyota-Produktionssystems entwickelt. Es folgt den Aspekten ‚Verschwendung vermeiden‘ und ‚Respekt für den Menschen‘. David Anderson prägte die Kanban-Methode 2010 als Change-Management-Ansatz.  

Loslegen
Falls ich Euer Interesse geweckt habe und Ihr gleich loslegen wollt, Eure Arbeit zu visualisieren, freut mich das natürlich. Es gibt im Netz diverse Tools, die es erlauben, Kanban Boards zu erstellen. Aber Obacht! Es ist besser auf einem Blatt Papier zu beginnen als ein vorgefertigtes Board für die eigenen Bedürfnisse zu modifizieren. Denn jeder Arbeitsprozess ist individuell und verdient eine individuelle Betrachtung. Denn nur so kann die Visualisierung dessen zum Grundstein für die Verbesserung werden. Wenn Ihr auf einem Blatt Papier startet, stellt Euch zunächst folgende Fragen:

  • Welche unterschiedlichen Typen von Arbeitspaketen haben wir?
  • Wer generiert die Arbeit für uns? Wo kommt sie her?
  • Wo geht sie hin? An wen liefern wir aus?
  • In welcher Häufigkeit treten die verschiedenen Typen von Arbeitspaketen auf?
  • Wie unterscheidet sich unsere Arbeit in Hinsicht auf Komplexität?
  • Was erwarten unsere Kunden?

Nach Beantwortung dieser Fragen wird das Kanban-Board bereits vor Eurem inneren Auge sichtbar und Ihr könnt loslegen (oder mich fragen). Gutes Gelingen!

Dieser Text erschien zuerst in meinem Newsletter „Innovation am Mittwoch“. Der Newsletter erscheint jeden zweiten Mittwoch – Hier können Sie ihn abonnieren


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Andrea SchmittInnovationstrainerinAm Mittelpfad 24a65520 Bad Camberg+49 64 34-905 997+49 175 5196446
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