Vom Prinzip Führungskraft zum Prinzip Führungsarbeit

Letzte Woche habe ich meine Ausbildung zur agilen Organisationsbegleiterin in der Werkstatt für Kollegiale Führung mit dem Reifungsmodul abgeschlossen. Es hat mal wieder richtig Spaß gemacht, mit 30 Kollegen und Kolleginnen in Präsenz zusammenzukommen und sich in Kleingruppenarbeit, im Open Space Format und in den Pausen auszutauschen. Geleitet wurde die Veranstaltung von Bernd Oestereich und Claudia Schröder, die zu den Themen kollegiale Führung und agile Organisationsbegleitung bereits zwei Bücher geschrieben haben. 

Der Grundgedanke hinter dem Prinzip kollegiale Führungsarbeit besteht darin, die Verantwortung und Entscheidungsgewalt dort hinzulegen, wo die Entscheidungsbedarfe entstehen. Ziel ist es gut und schnell auf Veränderungen des Marktes reagieren zu können. Da es vor allem die Mitarbeiter:innen sind, die am Kunden, für Kundinnen und mit Dienstleistern arbeiten, muss die Entscheidungsgewalt direkt bei ihnen verankert werden.

Drei Punkte sind mir aus dem zweitägigen Reifungsmodul besonders in Erinnerung geblieben:

  1. Der Handlungsrahmen muss klar sein. Geschäftsführer, Gesellschafter und Führungskräfte dürfen und sollten nicht alle Verantwortung zumindest nicht gleichzeitig auf ihre Mitarbeiterschaft übertragen. Es ist essenziell transparent zu machen, welche Themen ans Team zur verteilten Führung abgegeben werden sollen und welche nicht. Diese Transparenz stellt man am besten mit dem sogenannten Delegationsboard her. Hier sollte auch erkennbar werden, was die Mitarbeiterschaft bereits übernommen hat und was noch nicht. Denn wie im agilen Arbeiten gilt das ‚Pull-Prinzip‘: das Team entscheidet, was es sich zutraut.
  2. Ein super mächtiges Werkzeug zur Verantwortungsübernahme ist die kollegiale Rollenwahl: ein Kreis von Team-Mitgliedern benennt für eine bestimmte Aufgabe beziehungsweise Verantwortung jeweils eine Person aus ihrem Kreis mit individueller Begründung, die für alle sichtbar ist. Erst in einer zweiten Runde wird die tatsächliche Wahl vollzogen. Jedes Team-Mitglied benennt erneut eine Person, die sie für besonders geeignet hält, auch unter Berücksichtigung der zuvor gehörten oder gelesenen Begründungen der anderen. Die Personen mit den meisten Nennungen aus dem zweiten Wahlgang bekommt die entsprechende Rolle angeboten. Sie darf zwar ablehnen, die Erfahrung hat mir allerdings gezeigt, dass die meisten, die durch eine kollegiale Rollenwahl nominiert wurden, diese auch annehmen. Vielleicht hängt das mit dem Blumenstrauß an Wertschätzung zusammen, der mit der kollegialen Rollenwahl einhergeht…
  3. Will man in der Organisation etwas Neues ausprobieren, ist es immer eine gute Idee, den entsprechenden Vorschlag mit Repräsentanten aus der Organisation gemeinsam zu erarbeiten. Als zweiter Schritt wird der Vorschlag allen, die es betrifft, vorgestellt. Danach ist es wichtig, die Bedenken aller anzuhören und zu würdigen. Sind schwerwiegende Einwände von Einzelnen dabei, sollten diese möglichst in den ursprünglichen Vorschlag integriert werden, sodass sie aus Sicht der betroffenen Person zumindest nicht mehr schwerwiegend sind. Diese Einwandintegration geschieht am besten in moderierten Kleingruppen von 4 bis 5 Personen, sodass es händelbar wird. Außerdem sollte in der Diskussion der Einwände immer in den Vordergrund gestellt werden, dass der Organisationszweck dem Individualzweck überstellt ist. Eine weitere Vereinfachung ergibt sich, wenn klar wird, dass der Veränderungsvorschlag erst einmal für eine Zeit ausprobiert wird und dann nochmals zur Reflektion gebracht wird.


Fazit: Ein klarer Handlungsrahmen, die Verwendung von kollegialen Rollenwahlen und sorgfältige Einwandintegration sind wichtige Bausteine, die dazu beitragen, dass eine Orientierung hin zu einer agilen und kollegialen Führung gelingen kann.

Dieser Text erschien zuerst in meinem Newsletter „Innovation am Mittwoch“. Der Newsletter erscheint jeden zweiten Mittwoch – Hier können Sie ihn abonnieren


Lesetipp:


Andrea SchmittInnovationstrainerinAm Mittelpfad 24a65520 Bad Camberg+49 64 34-905 997+49 175 5196446
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