Lasst uns über Macht sprechen!

Bei den aktuellen gesellschaftspolitischen Entwicklungen kommt man um das Thema Macht beziehungsweise Einfluss nicht herum. 

Donald Trump hat die Wahl gewonnen und wird für die nächsten 4 Jahre auf das Weltgeschehen sehr viel Einfluss nehmen. Die deutsche Regierungskoalition aus drei Parteien ist soeben zerbrochen und offensichtlich hatte Olaf Scholz keine ausreichende Gefolgschaft mehr. Die 29. UN-Klimakonferenz geht ohne nennenswerte Durchbrüche zum Klimaschutz oder zur Finanzierung von Maßnahmen für Extremwetterlagen in besonders betroffenen Regionen zu Ende. Hier scheint die Wissenschafts- und Fachwelt keinen ausreichenden Einfluss bzw. keine Autorität gehabt zu haben.

Lasst uns das Thema Macht bzw. Einfluss mal ein wenig auseinandernehmen:

Macht ist die stärkste Form von Einfluss und geht einher mit negativen Konsequenzen für denjenigen, auf den Macht ausgeübt werden soll, diese aber verweigert. Das für mich präsentestes Beispiel ist Alexei Nawalny. Als oppositioneller in Russland wurde er von Wladimir Putins Machtapparat verfolgt. Man verlangte von Alexei Nawalny, dass er seinen Widerstand gegen das Putin Regime aufgeben sollte. 

Dieses Beispiel zeigt sehr klar, aber auch sehr schmerzhaft, dass wir immer eine Entscheidung treffen können, ob wir jemanden die Macht über uns und unser Tun geben oder nicht. Alexei Nawalny verweigerte Wladimir Putin die Macht über sein Handeln und bezahlte mit seinem Leben.

Nicht immer sind die Konsequenzen so drastisch, wie in diesem politischen Beispiel eines diktatorischen Regimes. Eine Übertragung auf den Unternehmenskontext könnte bedeuten, dass jemand mit seinem Jobverlust für die Verweigerung der Machtausübung bezahlt. So stelle ich mir den Vorgang bei dem Dieselskandal im VW-Konzern vor: Ingenieure wurden dazu angehalten (vielleicht aus Zeit- oder Budgetdruck), die Motoren so zu manipulieren, dass sich die Abgaswerte in dem gesetzlich vorgeschrieben Rahmen bewegten. Sie hatten die Wahl, es zu tun oder nicht zu tun. Im letzteren Fall wäre die Konsequenz für ihre Karriere sicherlich negativ ausgefallen.

Ganz klar ist, dass wir gesellschaftlich und im Unternehmenskontext die Funktion von Einfluss benötigen, damit wir zusammen wirksam werden können. Ohne Einfluss würde vermutlich nur Chaos entstehen. 

Zusätzlich zu Macht gibt es zwei weitere (schwächere) Formen von Einfluss, die ohne negative Konsequenzen für die beeinflussten Menschen auskommen - nämlich Führung und Autorität.

Führung erzeugt Gefolgschaft durch persönliche Zustimmung. Im Unternehmenskontext sprechen wir oft von Führungspersönlichkeiten oder Personen mit einem besonderen Charisma. Oft können diese Führungspersönlichkeiten ihre Visionen klar aufzeigen, treffen schnelle Entscheidungen und kommunizieren diese verständlich. Mitarbeiter:innen fällt es leicht solchen Personen ihre Gefolgschaft zu geben. 
Politisch können wir das Thema Führung bzw. Gefolgschaft sehr deutlich bei der Präsidentschaftswahl in den USA beobachten. Die Mehrheit der Amerikaner hat Donald Trump gerade eben wieder seine Gefolgschaft in Form ihrer Wahlstimmen attestiert. Auch die Wahlergebnisse der AfD belegen eine große Gefolgschaft durch deutsche Bürger und Bürgerinnen, wie die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg gezeigt haben. Diese Gefolgschaft basiert auf dem freien Willen der Wähler und Wählerinnen, sie mussten keine Nachteile für ihr Leben oder ihre Gesundheit befürchten, hätten sie anders gewählt. Darin unterscheidet sich Führung von Macht.

Die schwächste Form von Einfluss ist Autorität. Sie entsteht durch bewiesene oder zugeschriebene Kompetenz. Das Phänomen von Einfluss durch große Fachkompetenz also Autorität findet man in Unternehmen sehr häufig. Fachexperten haben oft auch ohne hierarchischen Titel großen Einfluss im Team oder in ihrer Abteilung. Über dieses Prinzip funktionieren z.B. selbstorganisierte Teams, die kein hierarchisch installiertes Entscheidungsorgan haben. Hier werden themenabhängig Entscheidungen durch Fachexperten beeinflusst.

Im gesellschaftspolitischen Bereich führt uns das Thema Autorität zu der häufig diskutierten Frage, wie viel Einfluss auf politische Fragestellungen einzelne Wissenschaftler, Wissenschaftsakademien oder Wissenschaftsinstitute haben sollten. Die Debatte ist sehr bekannt aus der Corona-Zeit, in der Christian Drosten als die Autorität zum Thema Virologie galt. Auch beim Thema Klimakrise wird gestritten, ob oder wie lange man die Expertenstimmen aus der Wissenschaft noch ignorieren kann, bevor diese stärkere Berücksichtigung in gesetzliche Rahmenbedingungen zum Wirtschaften finden.

Zusammengefasst:
Der Sinn von Macht und Einfluss liegt in der Komplexitätsreduzierung für diejenigen, die anderen Einfluss geben. Unsere Welt ist so komplex, dass keiner von uns alles selbst wissen und entscheiden kann. Wir folgen also gerne Menschen, denen wir Kompetenz zuschreiben oder die uns Sicherheit vermitteln, dass sie wissen, wo es hin geht. Deshalb wird es in sozialen Systemen immer Formen von Einfluss und Macht geben.

Macht ist eine von drei Ausprägungen, in denen Einfluss geschieht (nach Niklas Luhmann):

  1. Die schwächste Form von Einfluss ist Autorität also fachliche Kompetenz. 
  2. Die mittlere Form von Einfluss ist Führung, welche Gefolgschaft durch persönliche Zustimmung erzeugt.
  3. Die härteste Form von Einfluss ist Macht, das Nichtbefolgen von Macht hat nachteilige Auswirkungen.


Für alle drei Ausprägungen braucht es immer zwei Pole, den Pol, der Einfluss ausübt und den, der Einflussnahme zulässt. Die Entscheidung jemandem Autorität zu verleihen, oder Gefolgschaft zu leisten oder Macht zu geben, liegt immer bei den beeinflussten Menschen. Man hat also die Wahl!


Dieser Text erschien zuerst in meinem Newsletter „Innovation am Mittwoch“. Der Newsletter erscheint einmal im Monat. Hier können Sie ihn abonnieren


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Andrea SchmittInnovationstrainerinAm Mittelpfad 24a65520 Bad Camberg+49 64 34-905 997+49 175 5196446
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