In welcher Lebensphase steckst Du gerade?

Die meisten von uns - mich eingeschlossen - denken ihr Leben zunächst einmal in einer Linie oder auch als Pfeil. Zu Beginn steht die Geburt, die Kindheit, dann kommen die Pflichten wie Ausbildung, ein erster Beruf und weitere Verpflichtungen wie zum Beispiel das Gründen einer Familie. Bis dahin ist die Richtung für die meisten von uns klar: wir werden wissender, erfahrener und strotzen nur so vor Energie und Kraft. 

Die erste Bewusstmachung des eigenen Lebens findet, vorausgesetzt man ist bis dahin von Schicksalsschlägen verschont geblieben, eher in der Mitte des Lebens statt: mit 35 Jahren oder am runden 40. Geburtstag oder auch erst später mit Ende 40. In dieser Zeit treten wir oft in eine Phase der Erkenntnis ein: 

  • Viele von uns erleben Ernüchterung, darüber dass sie nicht alles geschafft haben, was sie sich vorgenommen haben und die Zeit so langsam knapp wird, um es doch noch zu erreichen.
  • Andere von uns erkennen, dass sie das, was sie erreicht haben, nicht mehr zu dem Preis fortführen möchten, den sie aktuell bezahlen.
  • Wiederum andere bemerken, dass sie irgendwo falsch abgebogen sind und ihren eigenen Weg verloren haben.


Diese Bilanzierung in der Mitte des Lebens ist eher die Regel als die Ausnahme. Der Psychologe Carl-Gustav Jung nennt diese Phase „Ernüchterung“, bestehend aus Resignation gefolgt von Erneuerung. Diese Erneuerung finden wir nicht nur bei ‚Role-Models‘, die in Zeitschriften, Biographien oder Filmen herangezogen werden und von neuen Jobs, einer neuen Selbstständigkeit oder einem Aufbruch zu einem ganz neuen Lebensmodell berichten, sondern auch bei uns selbst. Die meisten von uns erleben in der Zeit zwischen 35 und Ende 40 einen qualitativen ‚Shift‘, sprich eine Veränderung wie etwa einen Jobwechsel, die Aufnahme eines Ehrenamts, eine neue Weiterbildung usw.

Warum hat mich das Modell der Lebensphasen und des damit verbundenen Kreislaufs von der Geburt bis zum Tod persönlich so sehr angesprochen, dass ich es mit Euch teilen möchte? Nun, abgesehen davon, dass ich mir viele Dinge, die in meiner eigenen Lebensmitte passiert sind, mit dem Modell viel besser erklären kann und es sich somit im Nachhinein alles super schlüssig anfühlt, habe ich dafür 3 Gründe:

  1. Zum einen möchte ich Mut machen und Zuversicht versprühen, dass nach der Resignation in der Lebensmitte fast immer Erneuerung folgt.
  2. Zum anderen möchte ich darauf hinweisen, dass noch zwei weitere Phasen auf die Phase der Ernüchterung in der Lebensmitte folgen werden, nämlich Einverständnis und Bescheidung. Auch darauf dürfen wir uns freuen. Denn die Phase des Einverständnisses reicht etwa von Ende 40 bis Mitte/Ende 50. Hier sind wir ganz mit uns im Reinen: wir schließen Frieden mit dem, was uns gelungen ist im Leben, und auch mit dem, was uns nicht gelungen ist. Hierin befinde ich mich gerade und ich muss sagen, ich genieße es sehr, fast gar nicht mehr hadern zu müssen… Die darauffolgende letzte psychologisch belegte Phase ist die der Bescheidung. Dort lernen wir mit unseren Grenzen zu leben und dabei dankbar zu sein für das, was noch möglich ist.
  3. Der dritte Aspekt, der mir bei dem Thema Lebensphasen wichtig ist, ist folgender: Wir sollten uns bewusst machen, dass wir auf Menschen in anderen Lebensphasen immer durch die Brille unserer aktuellen Lebensphase schauen. Das kann zu Missverständnissen führen, vor allem wenn wir Ängste und Zweifel, die es auch in den anderen Phasen gibt, nicht ernst nehmen. Denken wir vor allem an die jungen Menschen, wie sie mit Anfang 20 vor einem Blumenstrauß aus Möglichkeiten sitzen und nicht wissen, welche Blüte sie herausziehen sollen. Natürlich ist es aus der Sicht der 2. Lebenshälfte ein Luxus-Problem so viele Möglichkeiten inklusive aller Kraft der Welt zu haben, aber es kann für einen Menschen mit nur 20 Jahren Lebenserfahrung auch sehr überfordernd sein. Oder auch die Phase danach: eine knapp 30-jährige Person hat nun nicht mehr unbedingt die Zeit, noch ein weiteres Studium auszuprobieren, da auch sie spürt, dass sie sich langsam festlegen muss. Auch diese Erkenntnis kann bedrohlich sein. Somit hat jede Lebensphase ihre ganz eigenen Herausforderungen und man kann nicht die Weisheiten und Lösungen der 2. Lebenshälfte, auf die der 1. Lebenshälfte übertragen. Also Obacht, wie wir auf die Jungen oder Alten schauen, denn wir tun es immer durch die Brille unserer eigenen Lebensphase.


Fazit: Die erste Hälfte des Lebens ist dazu da, seinen Stand im Leben zu finden, und die zweite Hälfte im Leben ist dazu da, seinen Stand in sich zu finden. Somit finde ich liegt auch für diejenigen unter uns, die schon in die 2. Lebenssäfte eingetreten sind, eine schöne Aufgabe vor uns!

Dieser Text erschien zuerst in meinem Newsletter „Innovation am Mittwoch“. Der Newsletter erscheint jeden zweiten Mittwoch – Hier können Sie ihn abonnieren


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Andrea SchmittInnovationstrainerinAm Mittelpfad 24a65520 Bad Camberg+49 64 34-905 997+49 175 5196446
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