Das Jahr mit echten Dialogen starten

Was ist eigentlich ein Dialog? Reden tun wir viel. Meetings machen wir häufig. Befruchtende Gespräche gibt es schon weniger. Und wirkliche Dialoge finden noch seltener statt...

Das Wort „Dialog“ besteht aus zwei Teilen. „Logos“ bedeutet „das Wort“ und „Dia“ bedeutet „durch“. Somit lässt sich „Dialog“ mit „Bedeutung, die durch das Wort fließt“ übersetzen.

Ein Dialog ist etwas grundsätzlich anderes als eine Diskussion. Bei einer Diskussion versuchen die Beteiligten ihre Gegenüber von ihrer Sichtweise und ihren Argumenten zu überzeugen. Es geht also ums Überzeugen und natürlich auch ums Gewinnen.

Bei einem Dialog gibt es keinen Gewinner; im besten Fall gewinnen alle, nämlich neue Erkenntnisse. Ein Dialog startet offen. Es ist vorher nicht klar, was herauskommt oder was herauskommen soll. Denn niemand weiß im Voraus, welches Ergebnis nützlich oder dienlich wäre. Ein Dialog muss also kein Ergebnis liefern oder gar effizient sein. 
An dieser Stelle wird deutlich, warum Dialoge in unserer erfolgsgetriebenen Business Welt kaum vorkommen. Dialoge sind ergebnisoffen. Aber genau der Punkt des „Nicht-Zielgerichtet-Seins“ ist das Wertvolle an einem Dialog.

Gerade in Zeiten mit riesigen gesellschaftlichen Herausforderungen, wie Pandemiebekämpfung und längst überfälligen Klimaschutzmaßnahmen, sind Dialoge aus meiner Sicht der Schlüssel zum Erfolg. Zu genau diesen großen Themen (Brauchen wir eine Impfpflicht in Deutschland? Benötigen wir Kernenergie als Übergangstechnologie?) würde ich mich gerne in einen Dialog begeben. Das heißt, ich 

  • bringe echtes Interesse mit, neue Sichtweisen zu verstehen – bin also anwesend mit einem Entdeckergeist
  • spreche aus meinem Herzen heraus, indem ich meine Ängste, Hoffnungen und Unsicherheiten benenne
  • erkläre meine Sichtweise, mit den dahinterliegenden Beweggründen, nur dann, wenn sie in den Gesprächsfluss passen und wirklich wichtig sind, ohne zu dozieren
  • höre empathisch zu und sehe mein Gegenüber als gleichberechtigt an, egal wer von uns mehr Titel, Erfahrung oder Bildung hat
  • versuche meine Annahmen und Bewertungen, die sich unwillkürlich einstellen werden, in der Schwebe zu halten; zwar anzuerkennen, dass sie da sind, mich von ihnen aber nicht blockieren zu lassen, damit ich dem anderen weiter empathisch zuhören kann
  • stelle echte explorative Fragen, ohne Hintergedanken mein Gegenüber zu manipulieren


Das sind jetzt doch eine ganze Menge Punkte geworden, woran man erkennt, dass echte Dialoge für uns keine tägliche Praxis sind. Dialoge können zu zweit oder in größeren Gruppen stattfinden. Sie funktionieren dann, wenn alle Beteiligten die von mir beschriebene Haltung und Verhaltensweise mitbringen. 

Was wäre möglich, wenn wir es schaffen würden, auch im Business Kontext vor allem bei großen Herausforderungen solchen Dialogen Raum zu geben? Der Vorstellung sind keine Grenzen gesetzt.

Bei den von mir angeführten großen gesellschaftlichen Herausforderungen sind natürlich größere Gruppen, die unterschiedliche Expertisen und Sichtweisen mitbringen, erforderlich, um zu guten, neuen, noch nicht gedachten Lösungen zu kommen.

Abschließend möchte ich die 4 Qualitätsstufen von Gesprächen beziehungsweise Aufmerksamkeit gegeneinander abgrenzen:

  • Niedrigste Stufe – Downloading - gar nicht Zuhören: das ist die Situation, die wir alle kennen, man beginnt ein Gespräch und plötzlich beginnt das Gegenüber zu dozieren oder alle seine Probleme auszuschütten ohne Punkt und Komma. Nein, das ist kein Dialog!
  • Zweite Stufe – Diskussion - rein kopfgesteuertes faktisch Zuhören und entgegnen: beide Seiten versuchen das Gegenüber von der eigenen Sichtweise und Meinung zu überzeugen. Zuhören findet nicht wirklich statt, denn man hört nur zu, um das Gehörte zu widerlegen. Man ist meist nicht gestartet mit der Annahme, der andere könnte auch Recht haben.
  • Dritte Stufe – empathischer Dialog – mit offenem Herzen empathisch Zuhören: hier geht es darum, etwas zu erkennen, was nicht in Worten gesagt wurde, was aber schon hindurchscheint. Zum Beispiel kann das Gegenüber helfen, etwas in Worte zu kleiden, was die Andere schon weiß, dessen sie sich aber noch nicht bewusst ist.
  • Höchste Stufe – schöpferischer Dialog – mit offenem Willen generativ Zuhören: diese höchste Stufe der Kommunikation erlaubt, dass die Gesprächspartner gemeinsam auf etwas Neues noch nicht Gedachtes kommen, in dem sie sich gegenseitig befruchten und das vom anderen Gehörten mit dem eigenen Wissen und den eigenen Erfahrungen verbinden. Im Design Thinking nennt man das auch vereinfacht: „Auf den Ideen der anderen aufbauen“. Das funktioniert nur, wenn Bewertungen und Urteile zurückgestellt werden.


Na, habt Ihr Lust bekommen, Euch auch mal auf diese höchste Stufe der Aufmerksamkeit zu begeben. Ihr dürft gespannt sein, was alles möglich wird!

Dieser Text erschien zuerst in meinem Newsletter „Innovation am Mittwoch“. Der Newsletter erscheint jeden zweiten Mittwoch – Hier können Sie ihn abonnieren


Vertieftes Lesen:


Andrea SchmittInnovationstrainerinAm Mittelpfad 24a65520 Bad Camberg+49 64 34-905 997+49 175 5196446
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